Die Ausbildung der Fleischfachleute stützt sich auf das späte Mittelalter, wo die Zünfte die berufliche und fachtechnische Ausbildung sicherstellten. Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde im Rahmen der Zünfte der einzelnen Städte der Nachwuchs ausgebildet. In nostalgischer Weise haben die berufsorganisierten Zünfte bis heute überlebt. So gibt es noch die Metzgerzunft in Zürich, Bern, Schaffhausen etc. oder Restaurants wie das „Gasthaus zur Metzgern“ in Thun, „Metzgern“ in Basel oder das „Metzgerstübli“ und „Metzgerhüsi“ in Walkringen.
Der Verband Schweizer Metzgermeister (VSM) – heute bekannt als Schweizer Fleisch-Fachverband (SFF) – wurde 1887 in Aarau gegründet und hat den Verbandsitz in Zürich stationiert. Im Jahre 1892 übernahm der Verband die berufliche Ausbildung seiner Mitglieder und konzentrierte sich fortan auf die berufliche Förderung der zukünftigen Betriebsinhaber und -leiter. In dieser Zeit wurden die Ausbildungen in verschiedenen Betrieben im Raum Zürich angeboten. Während der beiden Weltkriege sistierte man diese berufsspezifische Ausbildung, denn viele Berufsleute waren in die Armee aufgeboten. Nach dem 2. Weltkrieg hatte man sich bewusst strukturiert und organisiert auf die berufliche Ausbildung innerhalb der Fleischwirtschaft ausgerichtet. Sehr bald wurde festgestellt, dass eine professionelle und qualitativ gute Ausbildung nicht in verschiedenen Betrieben an unterschiedlichen Standorten durchgeführt werden konnte.
So kaufte der SFF im Jahr 1948 das Hotel Belvédère in Spiez, das seit dem 2. Weltkrieg in Konkurs stand. Die ursprüngliche Strategie das Hotel als Ausbildungszentrum im Winter zu betreiben und im Sommer den Gästen und Touristen der Region zur Verfügung zu stellen, bewog die damalige Verbandsleitung dazu, das Hotel im Untergeschoss mit einer professionellen Fachschule zu ergänzen.
Im Jahre 1951 wurden die ersten Meisterkurse in Spiez durchgeführt. In Kürze entwickelte sich Spiez mit der Schweizerischen Fachschule für das Fleischfachgewerbe zum beruflichen „Mekka“ für ganz Europa. So wurden zu Beginn der Fünfziger und Sechziger Jahre im Belvédère in Spiez nicht nur die Experten der Fleischwirtschaft der Schweiz, sondern auch die der umliegenden Staaten, wie Österreich, Deutschland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Italien und Frankreich ausgebildet. Die Fleischfachleute aus den europäischen Staaten, die nach dem 2. Weltkrieg einen enormen Nachholbedarf an fachtechnischem Wissen hatten, konnten in Spiez ihre beruflichen Kompetenzen ergänzen und optimieren. Mitte des 20. Jahrhunderts war das Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft eine reine Fortbildungsinstitution, die vor allem die Meisterprüfungs- und Fachkurse für gestandene Berufsleute anbot.
Der Erfolg war so gross, dass die Schulungsräume im Hotel Belvédère in Spiez nicht mehr genügten. So wurden 1960 zusätzliche Zimmer sowie Büros für die Schuladministration und ein grosser Theoriesaal angebaut.
Von der ursprünglichen Strategie im Winter als Ausbildungszentrum und im Sommer als Hotel zu funktionieren, musste aufgrund der intensiven Nachfrage Abstand genommen werden. Durch die Vermischung der Kurs-, Schul- und Seminarteilnehmer und der Gäste im 4-Sterne-Hotel entstanden vermehrt Interessenskonflikte. Die Kurs- und Schulteilnehmer wollten neben der Arbeit in den Klassenzimmern und in den Demonstrationsräumen auch ein gemütliches Zusammensein unter Berufsleuten pflegen, während die Hotelgäste im Silence-Hotel Belvédère sich der Ruhe und Entspannung hingeben wollten. Dies führte zeitweise zu einigen Meinungsverschiedenheiten.
Es wurde entschieden auf dem Grundstück ein zusätzliches Gästehaus zu bauen, in dem auf der unteren Etage die Seminarkursteilnehmer und auf der oberen Etage die Mitarbeitenden untergebracht werden sollten.
So wurde 1975 das Gästehaus „Seeblick“ eingeweiht, das ab diesem Zeitpunkt in erster Linie der Fachschule zur Verfügung stand. Sporadisch wurde das Gästehaus, das für die Beherbergung der Kursteilnehmer vorgesehen war, auch für Individualgäste in den ruhigeren Schulungszeiten geöffnet.
Im Jahr 1980, unter der Prämisse des ungebremsten Zuwachses des Fleischkonsums, wurden die Bedürfnisse abgeklärt, um ein neues Schulungs- und Ausbildungszentrum ausserhalb des Hotels zu konzipieren. Im Jahre 1985 nahm die Schulleitung mit dem Verwaltungsrat die Planungsarbeiten für ein Ausbildungszentrum, das unabhängig vom Hotel betrieben werden sollte, in Angriff. Es war vorgesehen, dass zwischen dem Hotel Belvédère und dem Gästehaus "Seeblick" ein moderner und zukunftsorientierter Ausbildungstrakt erstellt würde.
Der Spatenstich erfolgte 1990 und am 11. Januar 1993 konnte das neue Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft in Spiez bezogen werden. Nur dank der grossen Solidarität innerhalb der Branche konnte dieses hochmoderne Ausbildungszentrum, das den höchsten professionellen Erwartungen gerecht wurde, gebaut werden.
Im Jahr 1991 wurde die Genossenschaft „Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft“ gegründet, damit die absolute Loslösung vom Hotelbetrieb vollzogen werden konnte. Mit der Bildung einer unabhängigen Genossenschaft, die sich auf die Belvédère-Stiftung des SFF abstützte, konnte eine Branchen-Institution geschaffen werden, die die Mitglieder über den Verband hinaus ansprach. Unter der Federführung des Verbandes Schweizer Metzgermeister konnte eine breit abgestützte Genossenschaft mit den Partnern Hermann Herzer-Stiftung, Migros Genossenschaftsbund, Bell, Coop-Gruppe, dem Metzgereipersonalverband, den verschiedenen Institutionen des Verbandes Schweizer Metzgermeister und natürlich unzähligen Einzelmitglieder aus der ganzen Branche gegründet werden.
Bereits 1995 trat eine Trendwende ein, die die Prosperität des Branchenzentrums in Frage stellte. Der Fleischkonsum ging zurück und der Konsument wurde kritischer, vor allem durch verschiedene Negativmeldungen aus dem Aus- und Inland. Als zusätzlich die BSE-Krise eintraf, war der rückläufige Trend mit dem Wandel in der Schweizer Fleischwirtschaft definitiv verbunden. Durch die immer kleiner werdende Branche musste das Ausbildungszentrum sich für neue Geschäftsfelder öffnen. So wurde, nebst der brancheninternen Ausbildung im Rahmen der Fort- und Weiterbildung, zusätzlich die Grundbildung ins Angebot aufgenommen.
Seit Mitte der 90er-Jahre besuchen die Lernenden Fleischfachleute und die Detailhandelsfachleute im ABZ Teile der Grundbildung. Selbstverständlich blieb die Fortbildung mit der Berufs- und der höheren Fachprüfungsvorbereitung, ehemals Metzgermeisterprüfungs-Vorbereitung, die Kernaufgabe des Ausbildungszentrums.
Auch die Weiterbildung, die unterschiedliche Kurse zu verschiedenen Themen für gestandene Berufsleute anbietet, wird nach wie vor im ABZ Spiez und schweizweit angeboten.
Ab 1997 öffnete das Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft auch für branchenfremde Organisationen und positionierte sich auf dem nationalen und internationalen Seminarmarkt. Dank der vielen verschiedenen Seminare, Kurse, Ausbildungen und Anlässe konnte der Auslastungsgrad gesteigert und somit die Wirtschaftlichkeit des Ausbildungszentrums optimiert werden.
Der SFF beauftrage 1970 das Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft, eine Qualitätskontroll- und Beratungsstelle (QKS) einzurichten und zu Gunsten der Branchenmitglieder der ganzen Schweiz zu betreiben. Die Beratungsstelle verfolgt den Zweck, die Lebensmittel- bzw. Produktsicherheit bei den Verbandsmitgliedern sicherzustellen und somit den gesetzlichen Anforderungen der Selbstkontrolle gerecht zu werden. Bis 1995 wurden die Untersuchungen im mikro- und bakteriologischen Bereich der verschiedenen Fleischerzeugnisse aus den Metzgereien im Labor der Lebensmittelfakultät Universität Zürich untersucht. Um seinen Kunden den bestmöglichen Service anzubieten aber auch um die Probenqualität zu maximieren, arbeitet das ABZ Spiez heute mit namhaften Laboren in allen Schweizer Regionen zusammen.
Aufgrund der neuen Gesetzgebung für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz wurde im Jahr 2000 in sämtlichen Branchen der Schweiz eine so genannte Branchenlösung zur Arbeitssicherheit implementiert. Dies bewirkte, dass seit 2000 über 1'500 Kursteilnehmende in die Branchenlösung des SFF eingeführt werden konnten. Die Sensibilität im Hinblick auf Arbeitssicherheit wurde damit markant gesteigert und die Unfallzahlen seit 2002 kontinuierlich gesenkt.
Im Jahr 2001 wurde das 25-jährige Gästehaus durch die Neugestaltung von Verkehrsflächen und Aufenthaltsraum teilrenoviert. Bereits ein Jahr später erfolgte mit dem Einbau eines grossen Theoriesaals – inklusive modernsten technischen Hilfsmitteln – ein nächster Schritt im Ausbau des Angebots. Dieser rund 250 m2 grosse Konferenz- und Theoriesaal ermöglichte anspruchsvolle Schulungen, Kongresse und Veranstaltungen für bis zu 250 Personen und machte sie allen methodischen und didaktischen Ansprüchen gerecht.
Das Verbindungsstück, das unter dem neuen Teil zwischen dem Ausbildungszentrum und Gästehaus liegt, wurde als Mehrzweckraum- und Freizeitsektor realisiert.
Aufgrund eines Wasserschadens entschied der Verwaltungsrat im Winter 2002/03 die gesamte 3. Etage zu sanieren. Zwischen September 2003 und März 2004 konnten 8 Einzelzimmer und 4 Doppelzimmer auf der dritten Etage realisiert werden.
Dieser Sanierung folgte im Januar/Februar 2007 die vollständige Erneuerung und Erweiterung des Gästehauses Seeblick. Mit der grössten Bauetappe in der Geschichte des ABZ wurden insgesamt 43 sehr helle und moderne Zimmer mit 64 Betten geschaffen.
Auf Anhieb reagierten die Gäste mit Begeisterung auf die Modernisierung. WLAN war nun ebenso verfügbar wie Flachbildschirme. Damit hatte sich das Ausbildungszentrum zu einem Seminar- und Kongresszentrum gewandelt, das sämtlichen Ansprüchen einer nationalen und internationalen Kundschaft gerecht wurde.
Im Winter 2009/2010 wurde mit dem „ABZ-Klimakonzept“ eine nächste grössere Investition getätigt. Eine moderne Luft-Wasserwärmepumpe ersetzte die 16-jährige Ölheizung. Gleichzeitig wurden die beiden Seminarräume im Obergeschoss mit einer Klimaanlage ausgerüstet. Die Wärmerückgewinnung von Kühlräumen, Klimaanlage und Kühl-Wärme-Aggregaten wurde ebenso realisiert.
Im September 2013 wurde die Photovoltaik-Anlage des ABZ Spiez zur vollen Zufriedenheit in Betrieb genommen. Jährlich produziert sie rund 100 Megawatt Strom.
2016 und 2017 wurde das ABZ Spiez erweitert. Neue Seminarräume wurden gebaut und der Hoteltrackt mit 22 hellen, modernen Zimmern (inkl. 32 neuer Leibundgut-Betten mit Kissenstation) ergänzt. Insgesamt stehen nun 65 Zimmer mit 94 Betten zur Verfügung.
Ein Rebranding bietet eine tolle Möglichkeit, die Präsenz und das Image eines Unternehmens zu stärken. Im Fall des Hotelleriebereichs des ABZ Spiez bedeutete das Rebranding, dass der Bereich über seine alte Identität hinausgewachsen und nun bereit für neue Höhen war. Um neue Gästestrukturen anzusprechen und gleichzeitig die Qualität des Hotelbereichs nach aussen zu tragen, treten die Bereiche Hotellerie, Gastronomie und Seminar & Events seit 2017 als Hotel Seaside auf.
Der Name Seaside wurde auf Grund des gleichnamigen, alljährlich Ende August stattfindenden Festivals in Spiez gewählt.